Pure Perfection
Serie, Olaf Val, 2014
Unter dem Titel "Pure Perfection" entsteht eine Serie von Arbeiten, die Anmutungen des Produktfetischismus und Versatzstücke der Marketingmechanismen subtil konterkarieren. Die ersten beiden Arbeiten der Serie "Satin Lover" und "Supreme Collection" beziehen sich assoziativ auf Zusammenhänge zwischen Marktforschung und Produktinnovationen. Dabei kommt es zu einer Ironisierung der Werbeästhetik. Entscheidend ist jedoch der affirmative Umgang mit der Durchdringung einfacher Gebrauchsgegenstände mit Computertechnologie. Um die künstliche Wertsteigerung vieler Produkte durch kleine, meist bedeutungslose so genannte "Inovationen" zu hinterfragen, beruhen die Konzepte der einzelnen Exponate jeweils auf einer technischen Idee. Die Arbeiten der Serie "Pure Perfection" begegnen somit Marketingtrends, die auf den zunehmenden Einsatz von digitaler Technologie setzen, quasi auf Augenhöhe, in dem sie in der Kunst die gleichen Mittel einsetzt. Das Interesse der Betrachterinnen und Betrachter für Interaktion und Technik wird dabei in dem Moment hinterfragt, indem die Absurdität spürbar wird, die das zentrale Motiv der Serie bildet.
Satin Lover
Installation, 2014
Modifizierter Föhn (Braun Satin Hair 1), PS2-Controller, Elektronische Schaltung Beschreibung Die Installation "Satin Lover" besteht aus einem Föhn der kopfüber an seinem Kabel von der Decke dicht über den Boden hängt. Daneben baumelt ein PS2 Controller, mit dem der Ventilator des Föhn eingeschaltet wird, was diesen in Bewegung versetzt. Der Föhn schwingt und kreist über den Boden und kann mit Hilfe des Controllers in Richtung und Geschwindigkeit gelenkt und gesteuert werden.
Technik
Der Föhn ist unsichtbar im inneren so modifiziert, dass er vor dem Luftauslass mit einem Seitenruder versehen ist, das über einen Servomotor gesteuert wird. Die feine Dosierung des Ventilator und somit des Luftstromes wird mit einer Pulsweitenmodulation realisiert. Da die Heiztspiralen deaktiviert sind, arbeitet die gesamte Installation nur auf Niedervolt Basis und ist somit ungefährlich.
Inhalt
Der Föhn als Klassiker des industriellen Produktkatalogs, steht als Designobjekt und einfacher Gebrauchsgegenstand im Zentrum der Arbeit "Satin Lover". Seiner eigentlichen Funktion als Haartrockener beraubt, wird ein zur Zeit typischer Plastik Föhn in Pistolenform zum Spielobjekt transformiert, das wie ein ferngesteuertes Fahrzeug umher gesteuert werden kann. Gelenkt mit einem PS2-Controller fasziniert diese absurde Gamification des Alltagsgegenstandes als Spiel des Rausches (Ilinx nach Roger Caillois). Vergleichbar mit einem Fahr- oder Flugsimulator könnte man von einem Geschicklichkeitsspiel sprechen, dem jedoch jegliche kompetitiven Elemente so wie Zielsetzung, Punkte oder Belohnungssystem fehlen. Es handelt sich somit um eine sehr widersprüchliche Verwandlung eines Gebrauchsgegenstandes in ein Spiel, da das zitierte Simulation-Game real im Raum stattfindet und somit keine Simulation ist.
Anfang des Neunzehnten Jahrhunderts erfunden, wurde der Föhn im Zuge der Industrialisierung schrittweise zu einem Massenprodukt, an dem sich Prinzipien der kapitalistischen Marktwirtschaft exemplarisch beobachten lassen. Viele klassische Produkte aus dieser Zeit, wie das Radiogerät oder die Taschenlampe wurden mittlerweile mittels Mikrocomputer-Steuerung zu intelligenten Produkten ausgebaut. Das Konzept der Installation ironisiert die Mechanismen dieses Pervasive Computing. Das Zusammenspiel zwischen kapitalistischer Produktentwicklung, Digitalisierung und Gamification wird in der Installation "Satin Lover" zu einer Nonsense Installation verknüpft. Die Publikumswirkung, resultierend aus den rasanten Bewegungen des Föhns, dem schwindelerregenden Geräuschen und dem Spaß am Controller, demonstriert effektvoll, wie wirksam diese Zusammenspiel sein kann, um es gleichzeitig zu irritieren.
Supreme Collection
Skulptur, 2014
Liebesperlen, Modifizierter Sockel, Mechanik, Sensoren, Elektronische Schaltung
Beschreibung
Auf einem schlichten weißen Sockel liegen drei kleine Zuckerkugeln – so genannte Liebesperlen – in den Farben Rot, Gelb und Blau. Die Betrachterinnen und Betrachter sind dazu eingeladen, sich eine Kugel auszusuchen. Naschen ist hier also ausdrücklich erlaubt. Dabei wird immer, wenn eine Perle weggenommen wird, diese sofort automatisch, durch den computergesteuerten Mechanismus im Inneren des Sockels, wieder ersetzt. Der Computer zählt dabei, welche Farben wie oft ausgewählt werden und erstellt aus diesen Daten Statistikgen über das Verhalten der "Supreme Collection" Konsumenten. Diese Statistiken werden live auf der "Supreme Collection" Webseite veröffentlicht.
Technik
Die Zuckerperlen werden in minimalen Vertiefungen auf dem Sockel geführt und liegen an präzise definierten Punkten. Durch feine Bohrungen unter den Kugeln erkennen Fotozellen ob alle drei Kugeln vorhanden sind. Fehlt eine Liebesperle, treibt der entsprechende Motor eine Gewindestange in einem dünnen Rohr so lange weiter nach oben bis die oberste, der im Rohr lagernden Perlen, durch eine kleine Klappe auf die Sockeloberfläche gedrückt wird. Die anfangs beschriebene Vertiefung gewährleistet, dass die Perle exakt an ihren Platz kullert. Sobald ein Perlenmagazin aufgebraucht wurde, ist das Aufsichtspersonal dazu angehalten dieses wieder nachzufüllen.
Inhalt
Auf den ersten Blick werden die Liebesperlen in der Skulptur "Supreme Collection" wie eine Kostbarkeit präsentiert. Die Aufforderung, sich eine Kugel zu nehmen, entzaubert diesen Eindruck und das dezente automatische Ersetzen der Perlen entfaltet seine ganz eigene Qualität. Bei längerer Beobachtung vermittelt sich das Bild einer real gewordenen automatisierten Multiple-Choice-Befragung. Die statistischen Auswertungen im Internet runden dieses Bild ab. Der Befragungsgegenstand, bestehend aus den Grundfarben rot, gelb oder blau, ist dabei jedoch so abstrakt, dass der Gehalt der Statistiken wertlos erscheint. Wird bei der "Supreme Collection" der Prozess der "Marktforschung" selbst zu einem Produkt das fasziniert? Wie sind in diesem Zusammenhang, die hinter den Kulissen unsichtbar gewonnen Daten, einzustufen – als reine Komplettierung des künstlerischen Konzeptes oder bleibt es auf lange Sicht doch bedenklich, da eine kommerzielle Nutzung nicht auszuschließe ist?
Smart Performer
Skulptur, 2014
Modifizierter Wechselgeldteller, Elektromagneten, Sockel, Elektronische Schaltung
Beschreibung
Die Skulptur "Smart Performer" fordert die Betrachterinnen und Betrachter mit einem Wechselgeldteller zu einer Geldspende auf. Wird eine Münze auf den weißen unbedruckte Wechselgeldteller gelegt, beginnt diese sich von alleine zu bewegen. Elektromagneten, die unterhalb des Tellers in dem weißen Sockel installiert sind, bewegen die Münze nach vorprogrammierten Mustern auf dem Wechselgeldteller hin und her. Am Ende gleitet das Geldstück über den Tellerrand, um in einem dezenten Schlitz hinter dem Wechselgeldteller im Sockel zu verschwinden.
Technik
Ein Piezo-Senror erkennt ob sich eine Münze auf dem Wechselgeldteller befindet und startet dann das Programm, welches die in einem Raster angeordneten Elektromagneten wie ein Lauflicht an- und ausschaltet. Auf diese weise wird die Münze durch das wandernde Magnetfeld bewegt. Am Ende fällt die in einen Aufbewahrungsbehälter im inneren des Sockels.
Inhalt
Wie der Föhn und die Liebesperlen birgt auch die Wechselgeldschale viel Nostalgie in sich. Im Kontrast zu dieser sehnsuchtsvollen Hinwendung zur Vergangenheit ist unter der Schale eine Mikroconroller gesteuerte "Erfindung" installiert. Nostalie und "Inovation" brechen sich dabei, wie auch bei den anderen Arbeiten der Serie "Pure Perfection", mit viel Ironie. Dies unterstreicht nicht zu letzt der doppeldeutige Titel "Smart Performer". Wichtiger Bestandteil des Kozeptes ist, dass zum Betrachten der Performenz tatsächlich Geld bezahlt werden muss, da auf diese Weise die Kunstrezeption selbst als Produkt thematisiert wird.
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